Nach den sich häufenden Skandalen in der Vergangenheit und den verschiedensten kontrovers geführten Diskussionen rund um das Thema der Lobbyarbeit hat der Bundestag am 25. März 2021 das neue Lobbyregistergesetz (LobbyRG) beschlossen, das am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist. Das Gesetz zielt darauf ab, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und die Legitimität der parlamentarischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zu stärken. Ferner soll die unzulässige Einflussnahme von Interessenorganisationen und -vertretern verhindert werden.
Interessenvertreter im Sinne des LobbyRG sind nach der im Gesetz enthaltenen Definition alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstige Organisationen, auch in Form von Netzwerken, Plattformen oder anderen Formen kollektiver Tätigkeit, die zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Bundesregierung oder der Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages, Kontakt aufnehmen. Für Interessenvertreter in diesem Sinne besteht seit dem 1. Januar 2022 die Pflicht, sich in das sogenannte Lobbyregister einzutragen und unter anderem Angaben zu sich und dem Interessen- und Vorhabenbereich zu machen. Dieses Register wurde als elektronische Plattform bei dem Deutschen Bundestag eingerichtet. Bei fehlenden oder falschen Angaben drohen Bußgelder.
Neuregelungen
Das Lobbyregistergesetz zieht den Anwendungsbereich der Eintragungspflicht sehr weit. Für die Lobbyarbeit wird der Begriff der „Interessenvertretung“ verwendet. Nach der in § 1 Abs. 3 LobbyRG enthaltenen Legaldefinition ist Interessenvertretung jede Kontaktaufnahme zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages oder zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Bundesregierung. Erfasst wird somit jede Interessenvertretung in diesem Sinne. Das LobbyRG findet dabei auch in Fällen Anwendung, in denen ein drittes Unternehmen oder eine natürliche Person in den Prozess zwischengeschaltet ist, ein Unternehmen also nicht unmittelbar, sondern durch einen Dritten Lobbyarbeit betreibt.
Vom persönlichen Anwendungsbereich sind hierbei nach § 1 Abs. 4 LobbyRG natürliche sowie juristische Personen, sonstige Organisationen, oder auch Netzwerke und Plattformen umfasst. Zudem sind objektiv die Kontaktaufnahme und subjektiv der Zweck der Einflussnahme seitens des Interessenvertreters erforderlich.
Die Eintragungspflicht für die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden Interessenvertreter folgt aus § 2 Abs. 1 LobbyRG, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand der Absätze 2-4 der Regelung greift. Das ist beispielsweise der Fall, wenn natürliche Personen ausschließlich persönliche Interessen verfolgen, Interessen von lediglich lokalem Charakter vertreten werden oder Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberverbände Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beeinflussen wollen. Hier muss im Einzelnen genau geschaut und geprüft werden, ob eine der Ausnahmefälle greift.
Greift die Pflicht zur Registrierung im Lobbyregister, so müssen gemäß § 3 Abs. 1 LobbyRG neben allgemeinen Angaben, wie Name, Geburtsdatum, Anschrift bzw. bei Juristischen Personen, Firma, Webseite, Rechtsform unter anderem auch sensible Daten, wie Jahresabschlüsse und Rechenschaftsberichte veröffentlicht werden. Ferner ist offenzulegen, von wem der Interessenvertreter Zuwendungen oder Schenkungen erhält. Zwar kann die Angabe dieser sensiblen Daten gemäß § 3 Abs. 2 LobbyRG auch verweigert werden. Eine solche Verweigerung wird jedoch im Lobbyregister vermerkt. Darüber hinaus wird der Interessenvertreter, der die Angaben verweigert hat, in einer gesonderten Liste im Lobbyregister genannt, die öffentlich einsehbar ist. Insoweit existiert eine Art „schwarzer Liste“. Die Nennung auf dieser werden Interessenvertreter regelmäßig vermeiden wollen.
Bisher haben sich 5454 Interessenvertreter, darunter 311 natürliche und 4635 Juristische Personen (Stand: November 2022) in das Lobbyregister eintragen lassen. 797 Interessenvertreter sind gelistet, die die Angaben zu § 3 Abs. 1 Nr. 6, 7, oder 8 LobbyRG verweigert haben.
Das LobbyRG normiert für die eingetragenen Interessenvertreter konkrete Rechte und Pflichten. So folgt aus § 5 Abs. 1 LobbyRG eine Pflicht zur integren Interessenvertretung, die die Lobbyarbeit auf die Basis von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität stellt. Nach § 5 Abs. 2 LobbyRG legen der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung unter Beteiligung der Zivilgesellschaft einen Verhaltenskodex fest, der Vorgaben für eine Ausübung von Interessenvertretung auf der Grundlage dieser Grundsätze enthält. Nach § 5 Abs. 2 LobbyRG akzeptiert jeder Interessenvertreter diesen Kodex durch seine Registereintragung. Verstöße gegen diese können ebenfalls im Lobbyregister veröffentlicht werden, vgl. § 5 Abs. 8 LobbyRG.
Ausblick und Handlungsbedarf
Für Unternehmen, die ihre Interessen gegenüber der Politik oder der Öffentlichkeit vertreten oder vertreten lassen, empfiehlt sich dringend zu prüfen, ob registerpflichtige Lobbyarbeit betrieben wird oder ein Ausnahmetatbestand greift.
Zusätzlich zu dem bereits bestehenden Pflichtenprogramm des Gesetzes beabsichtigt die neue Regierungskoalition schon jetzt Nachschärfungen im LobbyRG vorzunehmen. In Planung ist etwa die Einführung eines sogenannten „legislativen Fußabdrucks“, durch den öffentlich nachvollziehbar werden soll, welche Interessenvertreter welchen Einfluss auf Gesetzgebungsprozesse haben. Es wird zudem darüber gesprochen, dass die Nachschärfung eine Absenkung der Schwelle für anzugebende Kontakte in den Ministerien bis auf die Referentenebene beinhaltet. Bisher greift das Lobbyregistergesetz nur für die Interessenvertretung gegenüber Organen, Mitgliedern, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestags und gegenüber der Bundesregierung, vgl. § 1 Abs. 1, 2 LobbyRG.
Gerne beraten wir Sie zu allen Themen und Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Lobbyregistergesetz. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit der Eintragung in das Register zugleich ein Verhaltenskodex automatisch angenommen und akzeptiert wird, ist zu prüfen, wie dies rechtssicher in ein etwaig bestehendes Compliance-Management-System implementiert werden kann sowie, wie das eigene System mit diesem Kodex in Einklang zu bringen ist. Zudem können wir Sie bei der Überprüfung unterstützen, ob Sie registerpflichtige Tätigkeiten betreiben. Des Weiteren bieten wir an, den Eintragungsprozess mit Ihnen vorzubereiten sowie Monitoring-Systeme auszuarbeiten, um die Richtigkeit der Angaben fortlaufend zu gewähren. Kommen Sie hierzu gerne jederzeit auf uns zu.