Immobiliengeschäfte mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - Ein unkalkulierbares Risiko?

29.09.2016

[Hamburg, ] Nach jahrzehntelanger Diskussion in der Rechtswissenschaft hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2001 die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) anerkannt. Damit ist geklärt, dass eine GbR - die Grundform der Personengesellschaften - als solche Partei eines Vertrags sein kann. Wie mit dieser Möglichkeit umzugehen ist, bleibt auch 15 Jahre nach dieser Entscheidung weiterhin ein Problem für die Praxis.

Einführung

Eine GbR ist ein Zusammenschluss mehrerer natürlicher oder juristischer Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Tritt die GbR als solche nach außen im Geschäftsverkehr auf, ist sie rechtsfähig. Sie selbst kann also Vertragspartei werden. Vor der erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ging man – dem Wortlaut des Gesetzes folgend – davon aus, dass stets nur die Gesellschafter einer GbR und nicht die GbR selbst Partei von Verträgen wurden, die die GbR betreffen.

Der Gesetzgeber hat auf diesen Paradigmenwechsel bislang erst sehr zögerlich reagiert. Die Gesetzeslage passt deshalb in weiten Teilen nach wie vor nicht zum „neuen“ Verständnis der GbR. Dadurch ergeben sich für die Vertragspartner einer GbR erhebliche Risiken. Zwar ist die Rechtsform der GbR im professionellen geschäftlichen Verkehr nicht besonders verbreitet, was unter anderem daran liegt, dass eine GbR kein Handelsgewerbe betreiben kann. Sie wird in diesem Fall automatisch zur offenen Handelsgesellschaft (OHG), die einem eigenen Regelungsregime untersteht. Gerade im Immobilienwirtschaftsrecht ist die GbR aber regelmäßig als grundstücksverwaltende Gesellschaft anzutreffen. Es sollen daher einzelne Probleme, die sich bei Vertragsschlüssen mit einer GbR ergeben können, am Beispiel einer grundstücksverwaltenden GbR erläutert werden.

Schuldrechtliche Verträge

Ist eine GbR Eigentümerin eines Grundstücks, wird sie es in der Regel durch Vermietung oder Verpachtung wirtschaftlich nutzen wollen. Bei dem Abschluss solcher schuldrechtlicher Verpflichtungen stellt sich für den Vertragspartner der GbR eine Reihe von Fragen:

Gibt es die GbR überhaupt und wer sind die Gesellschafter?

Typischerweise müssen im Geschäftsverkehr auftretende Gesellschaften die für den Rechtsverkehr wesentlichen Informationen im Handelsregister eintragen lassen und diese Informationen laufend aktualisieren. Das Vertrauen in die Richtigkeit der Angaben im Handelsregister ist zudem rechtlich geschützt – der Rechtsverkehr kann auf Grundlage der im  Handelsregister verlautbarten Informationen Dispositionen treffen. Es genügt damit in der Regel ein Blick in das Handelsregister, um feststellen zu können, ob es eine bestimmte Gesellschaft gibt oder nicht.

Für die GbR hingegen existiert kein öffentliches Register, in das die für den Rechtsverkehr erheblichen Umstände einzutragen wären. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags einer GbR ist zudem grundsätzlich formfrei. Eine GbR kann also auch mündlich oder sogar durch schlüssiges Verhalten („konkludent“) gegründet und aufgelöst werden. Gleiches gilt für den Ein- und Austritt von Gesellschaftern.

Bei einer grundstücksverwaltenden GbR besteht immerhin ein Mindestmaß an Publizität: Soll ein Recht – wie insbesondere das Eigentum an einem Grundstück – zugunsten der Gesellschaft in das Grundbuch eingetragen werden, so sind nach der Grundbuchordnung auch die Namen der Gesellschafter einzutragen. Allerdings kann eine solche Eintragung nicht mehr als ein – eher unzuverlässiger – Anhaltspunkt für das Bestehen der Gesellschaft und ihren Gesellschafterbestand sein. Für die Eintragung der GbR als Eigentümerin eines Grundstücks reicht es nämlich aus, wenn die GbR und deren (vermeintliche) Gesellschafter in der notariellen Erwerbsurkunde benannt sind und die (vermeintlichen) Gesellschafter erklären, sie seien die einzigen Gesellschafter der GbR.

Abhilfe über § 899a BGB?

Dieses Problem würde für grundstücksverwaltende Gesellschaften erheblich an Brisanz verlieren, wenn mit der beschriebenen Eintragung im Grundbuch ein mit dem handelsregisterlichen Vertrauensschutz vergleichbarer Schutz des Rechtsverkehrs einherginge.

Einen solchen Schutz hat der Gesetzgeber in § 899a BGB angelegt. Nach dieser Norm wird in Ansehung des für die GbR eingetragenen Rechts der grundbuchliche Vertrauensschutz aus §§ 892 ff. BGB erweitert. Diese Erweiterung führt vereinfacht gesprochen dazu, dass diejenigen Personen, die im Grundbuch als Gesellschafter der GbR eingetragen sind, über das eingetragene Recht verfügen können. Unmittelbar gilt diese Regelung nur für dingliche Rechtsgeschäfte (wie vor allem die Übertragung des Eigentums). Diese sind im deutschen Rechtssystem streng von den schuldrechtlichen Rechtsgeschäften zu trennen, die einer dinglichen Rechtsänderung zugrunde liegen (also etwa der Kaufvertrag, der dem Käufer erst einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums einräumt). Man könnte § 899a BGB jedoch im Wege einer entsprechenden Anwendung (sog. „Analogie“) auch auf das schuldrechtliche Grundgeschäft erstrecken.

Ob eine solche Erstreckung zulässig ist, ist allerdings bislang nicht höchstrichterlich entschieden und in der rechtswissenschaftlichen Fachliteratur umstritten. Eine eindeutige Tendenz ist in der Diskussion nicht zu erkennen. Der Wortlaut der Norm („in Ansehung des eingetragenen Rechts“) und ihre systematische Stellung im Sachenrecht sprechen indes dagegen, die Norm auch auf die zugrunde liegenden schuldrechtlichen Grundgeschäfte zu erstrecken.

In diesem Fall würde ein schuldrechtliches Geschäft, das einer dinglichen Rechtsänderung zugrunde liegt, nicht vom Gutglaubensschutz des Grundbuchs profitieren und die genannten Probleme bestünden fort. Jedenfalls verbleibt bis zu einer klarstellenden höchstrichterlichen Entscheidung eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Der Rechtsverkehr kann deshalb für die Zwecke schuldrechtlicher Geschäfte nicht in belastbarer Weise feststellen, ob eine Gesellschaft (noch) existiert und wer ihre Gesellschafter sind. Vertragsschlüsse mit einer GbR sind aus diesem Grund mit einem erheblichen Risiko verbunden. Zudem bietet § 899a BGB beim isolierten Abschluss schuldrechtlicher Verträge mit der GbR – wie z. B. von Mietverträgen – keine Hilfe.

Wer vertritt die Gesellschaft?

Auch wenn man von diesen Unwägbarkeiten absieht, ergibt sich ein weiteres Problem. Die GbR ist keine natürliche Person, sie kann nur durch Vertreter im Rechtsverkehr auftreten. Dem BGB ist zu entnehmen, dass sich die Vertretungsbefugnis im Zweifel nach der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis richtet. Diese steht nach dem BGB wiederum im Zweifel allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Im Grundsatz müssen damit alle Gesellschafter einer GbR an einem Vertragsschluss mitwirken, damit dieser für und gegen die GbR Wirkung entfaltet.

Zwar können die Gesellschafter eine anderweitige Vertretungsregelung vereinbaren. Bei Gesellschaften mit vielen Gesellschaftern wird das auch regelmäßig der Fall sein. Allerdings lässt sich mangels Handelsregisterfähigkeit der GbR nicht belastbar feststellen, ob eine solche Regelung getroffen wurde oder nicht. Will ein Vertragspartner also sichergehen, dass ein Vertrag mit einer GbR zustande kommt, muss er darauf bestehen, dass alle Gesellschafter – deren Bestand er jedoch nicht zuverlässig ermitteln kann – am Vertragsschluss mitwirken.

Haftung der für die GbR handelnden Personen?

Wenn sich die oben genannten Risiken realisieren – die GbR also gar nicht existiert oder die für die GbR auftretenden Personen keine Vertretungsmacht hatten –, haften diese dem Vertragspartner zwar unter bestimmten Voraussetzungen als sog. „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ nach den gesetzlichen Regelungen zur Stellvertretung. Diese verpflichten die für die GbR handelnden Personen immerhin in den meisten Fällen dazu, den im Namen der GbR geschlossenen Vertrag selbst zu erfüllen. In der Regel wird diesen Personen die Vertragserfüllung aber unmöglich sein, insbesondere weil sie selbst nicht Eigentümer des im Namen der GbR vermieteten Grundstücks sind und es dem Vertragspartner daher nicht zur Nutzung überlassen können. Es kommt daher zumeist nur ein Schadenersatzanspruch in Geld in Betracht, der eigentliche Vertragszweck lässt sich auf diese Art regelmäßig nicht realisieren. Zudem besteht das Risiko, dass sich selbst der Schadenersatzanspruch, insbesondere bei Geschäften größeren Volumens, mangels Zahlungsfähigkeit der für die GbR auftretenden Personen nicht vollständig durchsetzen lässt.

Praktische Handhabung

Aus den skizzierten Gründen dürfte es sich jedenfalls bei sehr bedeutsamen schuldrechtlichen Verträgen empfehlen, einen Vertragsschluss mit einer GbR möglichst zu vermeiden. Ggf. sollte in Verhandlungen versucht werden, die Vertragspartner davon zu überzeugen, „ihr“ Grundstück in eine Gesellschaft anderer Rechtsform (etwa eine GmbH oder Kommanditgesellschaft) einzubringen, bevor der jeweilige Vertrag geschlossen wird. Diese Forderung wird jedoch oftmals schwer durchzusetzen sein, weil die Rechtsform der GbR in der Regel bewusst gewählt wird. Dafür können beispielsweise steuerrechtliche Erwägungen, eine Umgehung handelsrechtlicher Rechnungslegungsvorschriften oder die bewusste Ausnutzung der Intransparenz und fehlenden „Greifbarkeit“ dieser Rechtsform ausschlaggebend sein.

Kommt man nicht umhin, mit der GbR selbst einen schuldrechtlichen Vertrag zu schließen, mag eine dingliche Sicherung des schuldrechtlichen Geschäfts (z. B. bei Mietverträgen durch eine Mieterdienstbarkeit) weitere Absicherung bieten. Hierfür gilt die Vertrauensschutzregelung des § 899a BGB unmittelbar. Ein dingliches Recht hat jedoch nur dann dauerhaft Bestand, wenn ein wirksamer schuldrechtlicher Rechtsgrund hierfür besteht. Es käme im Streitfall also auf die oben erörterte Frage der Reichweite von § 899a BGB an, sodass die dingliche Absicherung auch keine abschließende Rechtssicherheit bieten dürfte.

Als weitere mögliche Maßnahme empfiehlt es sich schließlich, mögliche Schadenersatzansprüche gegen die für die GbR handelnden Personen durch Bürgschaften oder ähnliche Mechanismen abzusichern. Gelingt die Durchsetzung dieser Forderung, mag dies im Übrigen auch einen einigermaßen belastbaren Hinweis auf die Seriosität des abzuschließenden Geschäfts darstellen.

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