Liberalisierung des Messwesens im Energiesektor

31.07.2009

[] Mit der Novelle des § 21 b EnWG und dem Inkrafttreten der Messzugangsverordnung hat der Gesetzgeber die rechtlichen Grundlagen für eine Liberalisierung des Messwesens im Energiesektor geschaffen.

Sowohl der Messstellenbetrieb als auch die Messung der gelieferten Energie sind zwar nach wie vor grundsätzlich Aufgabe des Netzbetreibers. Jedoch können nunmehr durch abweichende Vereinbarungen sowohl der Messstellenbetrieb als auch die Messung auf Wunsch des Anschlussnutzers von einem Dritten durchgeführt werden.

Konsultationen der Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur ist befugt, Festlegungen zur konkreten Abwicklung von Messstellenbetrieb und Messdienstleitungen zu treffen, um den Aufbau einer effizienten Marktstruktur zu fördern und das Messwesen für den Wettbewerb zu öffnen. Zu diesem Zweck beabsichtigt sie, einheitliche Geschäftsprozesse für das Energiemesswesen festzulegen und die unmittelbar daran angelehnten Prozessbestandteile der Festlegungen GPKE (BK-06-009) und GeLi Gas (BK7 – 06 – 067) an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Ein Beschlussentwurf dazu liegt nunmehr vor, zu diesem werden Konsultationen durchgeführt (Stellungnahmefrist: 17.08.2009). Der Entwurf erfasst die zentralen Prozesse und den zugehörigen elektronischen Datenaustausch im Zusammenhang mit der Durchführung von Messstellenbetrieb und Messung bei der leitungsgebundenen Versorgung mit Strom und Gas. Ebenfalls zu Konsultationen zur Verfügung gestellt hat die Bundesnetzagentur Entwürfe der ihrer Ansicht nach notwendigen Anpassungen der Festlegungen GPKE und GeLi Gas.

Anwendungsbereich der Prozesse

Die Prozesse, die Gegenstand des Entwurfs sind, sind für die Messstellen aller Letztverbraucher - also sowohl für Lastprofilkunden als auch für Letztverbraucher mit registrierender Leistungsmessung – anzuwenden. Sie gelten für alle Messstellenbetreiber und Messdienstleister an in Deutschland belegenen Messstellen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Netzbetreiber an einer Messstelle die Aufgaben von Messstellenbetrieb bzw. Messung wahrnimmt. In diesem Fall tritt der Netzbetreiber in die Rolle eines Messstellenbetreibers bzw. Messdienstleisters, soweit die Regelungen der Prozessbeschreibung sinngemäß und in Ansehung etwaiger Sonderbestimmungen anwendbar sind.

Datenaustausch, Datenformate und Nachrichtentypen

Austauschbarkeit und Konsistenz von Daten gehören zu den Zielen der MessZV. Deshalb wird z.B. festgelegt, dass für Verarbeitung und Austausch elektronischer Nachrichten im Rahmen der Geschäftsprozesse einheitlich das Datenformat EDIFACT anzuwenden ist.
Als weitere Festlegung, die die Effizienz steigern und Fehler im Kommunikations- und Verarbeitungsprozess verringern soll, wird die ausdrückliche Verpflichtung eines Nachrichtenempfängers zur Rückmeldung eines Verarbeitbarkeitsstatus mittels APERAK-Meldung erwogen. Zu diesem Vorhaben werden Stellungnahmen ausdrücklich erbeten.

Die Marktbeteiligten werden außerdem aufgefordert einzuschätzen, wie hoch der Zeitbedarf zur Umsetzung der Vorgaben zum Datenaustausch ist.

Geschäftsprozesse zum Zugang zu Messstellenbetrieb und Messung

Der Entwurf umfasst Grundregeln für die Abwicklung der Prozesse zum Zugang zu Messstellenbetrieb und Messung ebenso wie An- und Abmeldeszenarien für den Wechsel des Messstellenbetreibers bzw. Messdienstleisters. Vorgesehene Fristen und Termine sollen sicherstellen, dass Messstellen jeweils einem Betreiber zugeordnet werden können, ohne dass Zuordnungslücken entstehen. Daneben sind detaillierte Beschreibungen der Prozesse „Beginn / Ende Messstellenbetrieb (ggf. einschließlich Messung)" enthalten.

Prozesse während laufenden Messstellenbetriebes bzw. während laufender Messung

Auch hinsichtlich der Prozesse während des Messstellenbetriebes enthält der Entwurf Vorgaben.

Messstellenänderung

Der Entwurf enthält eine Beschreibung der Interaktion zwischen den Marktbeteiligten für den Fall, dass ein Marktbeteiligter die Änderung der Messstelle wünscht, ohne dass es zugleich zum Wechsel des Messstellenbetreibers oder Messdienstleisters kommt.

Störungsbehebung in der Messstelle

Die Bundesnetzagentur geht in ihrem Entwurf davon aus, dass der Messstellenbetreiber verpflichtet ist, Störungen an der Messstelle unverzüglich zu beseitigen und so einen den Regeln der Technik entsprechenden Betrieb derselben zu gewährleisten.

Anforderung und Bereitstellung von Messwerten

Der Netzbetreiber ist für die An-forderung von Messwerten beim Messdienstleister zuständig. Er fungiert als „Datendrehscheibe" zwischen dem Messdienstleister und den anderen Marktbeteiligten. Die von ihm angeforderten Messwerte hat der Netzbetreiber nach Plausibilisierung und Ersatzwertbildung gemäß den Festlegungen des Entwurfs sowie den Regelungen der GeLi Gas / GPKE an die Marktbeteiligten zu übermitteln.

Annexprozesse

Erwähnung finden zudem „Annexprozesse". Im Entwurf aufgenommen ist ein Prozess „Stammdatenänderung". Allerdings neigt die Bundesnetzagentur dazu, zunächst keinen solchen allein auf die Erfordernisse des zum Messwesen angepassten Geschäftsprozess vorzusehen. Alternativ wird eine künftig zu entwickelnde prozess- und spartenübergreifende Lösung erwogen.

Auch ein Prozess „Geschäftsdatenabfrage" ist vorgesehen. Bisher ist dieser in den Festlegungen GPKE und GeLi Gas enthalten.

Behandlung findet auch die Frage der Abrechnung des Messstellenbetriebes und / oder der Messung bei temporärer Fortführung durch den bisherigen Messstellenbetreiber bzw. Messdienstleister. Der Entwurf trifft Festlegungen für den Fall der Abrechnung des temporären Messstellenbetriebes durch den bisherigen Messstellenbetreiber oder Messdienstleister im Falle eines Anschlussnutzerwechsels gem. § 4 Abs. 5 MessZV (Fortsetzung der Messdienstleistung bis zur Beauftragung eines anderen Messdienstleisters) bzw. den Datenaustausch bei Reklamationen.

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