Nach gesetzlichen Lockerungen bei der medizinischen Nutzung von Cannabis hat nunmehr die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag auch die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ angekündigt. Die Koalitionsparteien versprechen sich davon eine Qualitätskontrolle, die Verhinderung der Weitergabe verunreinigter Substanzen und die Gewährleistung des Jugendschutzes. Der noch zu schaffende rechtliche Rahmen soll nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen evaluiert werden. Daneben sollen Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglicht und ausgebaut werden. Vorgaben für einen zukünftigen Rechtsrahmen für die Gruppe der sogenannten CBD-Produkte enthält der Koalitionsvertrag nicht.
Angesichts des schon heute verbreiteten Freizeitkonsums von Cannabis ist bei dessen Legalisierung mit einem erheblichen wirtschaftlichen Potential zu rechnen.
Die geplante Legalisierung wird in erster Linie die Regulierungsregime des Betäubungsmittelrechts und Gewerberechts berühren und diese ergänzen. Anpassungen könnten auch im Arzneimittelrecht nötig werden. Die Legalisierung wird daher verschiedene rechtliche Herausforderungen mit sich bringen. Noch liegt kein Gesetzentwurf vor. Es ist angesichts der insoweit klaren Koalitionsvereinbarung aber davon auszugehen, dass das Vorhaben in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden wird. Angesichts der sozialen, politischen und ökonomischen Bedeutung des Vorhabens ist dies Grund genug, einen Ausblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen zu wagen, die festgelegt werden müssten.
Diese Rahmenbedingungen betreffen sowohl die Abgabe von Cannabis an die Freizeitkonsumenten als auch den Bezug von Cannabis durch die Anbieter:
Abgabe an die Konsumenten
Nach dem Koalitionsvertrag soll Cannabis zu Genusszwecken „in lizenzierten Geschäften“ abgegeben werden. Bisher ist noch nicht klar, ob darunter auch oder sogar ausschließlich Apotheken fallen werden. Fest steht jedenfalls, dass diese „Geschäfte“ eine Lizenz benötigen werden, um legal Cannabis zu Genusszwecken abgeben zu können.
Ein Regulierungsschwerpunkt wird daher insbesondere im Fall einer Abgabe durch Geschäfte, die keine Apotheken sind, auf der Ausgestaltung von Genehmigungs- bzw. Lizenzierungsverfahren für Einzelgeschäfte und dahinter stehende Anbieter liegen. Grundlage solcher Verfahren könnten sowohl das Betäubungsmittel- wie auch das Gewerberecht sein. Es wird für Unternehmer voraussichtlich einen verbindlichen Katalog von Versagungsgründen – z. B. bei Unzuverlässigkeit – und die Möglichkeit der zuständigen Behörde zur Festsetzung von Auflagen geben. Letztere werden etwa betäubungsmittelrechtliche Lagerungs-, Sicherungs- und Kennzeichnungspflichten betreffen, die bei der Abgabe von Cannabis beachtet werden müssen. Ferner ist damit zu rechnen, dass auch Sachkundenachweise verlangt werden. Verstöße gegen diese Pflichten werden wegen des zu berücksichtigenden Gesundheits- und Jugendschutzes sanktionierbar sein. Wie genau das rechtliche Zusammenspiel von betäubungsmittelrechtlichen und gewerberechtlichen Erlaubnissen aussehen wird und welche Behörden für die Erteilung dieser Erlaubnisse zuständig sein werden, bleibt abzuwarten.
Bezug durch die Anbieter
Für den Bezug von Cannabis durch die lizenzierten Geschäfte besteht theoretisch die Möglichkeit des Imports oder der Produktion im Inland. Hier bestehen Parallelen zum schon jetzt hoch regulierten Bereich des medizinischen Cannabis.
Import
Für den Import ist eine Betäubungsmittelverkehrserlaubnis notwendig. Neben diese tritt für jeden einzelnen Bezugsvorgang ein gesondertes Genehmigungserfordernis. Um Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden, können für die Einfuhr daneben Zertifikate zur Qualitätsgewährleistung gefordert sein. Die Anforderungen können je nach Bezugsquelle und Betroffenheit von sogenannten Drittstaaten variieren. Mit Blick auf die zu verwirklichenden gesetzlichen Schutzzwecke ist es wahrscheinlich, dass der Import von Cannabis für Genusszwecke zukünftig ganz oder teilweise identischen oder vergleichbaren Anforderungen unterworfen sein wird.
Produktion
Für die Produktion von Cannabis ist ebenfalls eine eigene betäubungsmittelrechtliche Verkehrserlaubnis erforderlich. Ob und in welchem Umfang eine solche Produktion von Cannabis für den Freizeitgebrauch im Inland erlaubt werden wird, ist noch offen. Es ist denkbar, dass – wie gegenwärtig im Bereich des medizinischen Cannabis – ein Ausschreibungsverfahren vorgesehen wird, um die Herstellungsmenge sowie qualitative Anforderungen in einem wettbewerblichen Prozess zu kontrollieren. Voraussichtlich werden neben den schon erwähnten allgemeinen Sicherungs- und Kennzeichnungspflichten auch THC-Grenzwerte zu wahren sein.
Fazit
Eine Legalisierung der Abgabe von Cannabis für den Freizeitgebrauch wird für Unternehmen, die die Erfüllung aller zukünftigen gesetzlichen Anforderungen gewährleisten können, große wirtschaftliche Möglichkeiten mit sich bringen. Es ist in rechtlicher Hinsicht mit detaillierten und sanktionsbewährten Vorschriften für Import, Produktion und die Abgabe von Cannabis zu rechnen, die eine eingehende rechtliche Beratung erforderlich machen.
Im Interesse der Rechtssicherheit und des Gesundheitsschutzes wäre zudem eine flankierende Regulierung der CBD-Produkte, die bisher einem regulatorischen Graubereich überlassen bleiben.
Aufgrund unserer Expertise im Bereich des Medizinal-Cannabis beobachten wir die aktuellen Entwicklungen genau und beraten in jedem Stadium des Prozesses.