Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV) ermöglicht es, mit einer behördlichen Erlaubnis in Deutschland legal Online-Glücksspiele anzubieten. Trotz dieser Legalisierungsmöglichkeit ist zu erwarten, dass auch in Zukunft insbesondere Anbieter mit Sitz im Ausland, die keine erforderliche Erlaubnis besitzen, weiterhin im Internet illegale Glücksspiele veranstalten werden. Hierfür spricht das erhebliche Transfervolumen illegaler Casinospiele in Höhe von bis zu 9,4 Mrd. Euro im Jahr 2020.
Zahlungen im Zusammenhang mit Glücksspiel werden fast immer über Zahlungsdienstleister abgewickelt. Die Tätigkeit dieser Zahlungsdienstleister steht im Konfliktfeld des sogenannten Mitwirkungsverbots des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021, das die Beteiligung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel generell untersagt. Daher wird insbesondere in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung, aber auch im Schrifttum kontrovers diskutiert, ob sich aus dem Mitwirkungsverbot Warn- und Prüfpflichten für Zahlungsdienstleister ableiten. Nicht nur für die Compliance-Abteilungen ergeben sich daraus erhebliche praxisrelevante Fragen, die es zu betrachten gilt.
Mitwirkungsverbot § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021
Rechtlicher Rahmen
Entscheidend für die Anwendung des Mitwirkungsverbots ist die Abgrenzung von unerlaubtem und erlaubtem Glücksspiel. Maßgeblich ist das Vorliegen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021. Die Einhaltung weiterer regulatorischer Vorgaben durch die Anbieter von Glücksspielen ist hingegen nur dann relevant, wenn ohne weiteres erkennbar war, dass es sich im konkreten Einzelfall um unerlaubtes Glücksspiel handelt.
Wann eine tatbestandliche „Mitwirkung“ an unerlaubtem Glücksspiel vorliegt, ist gesetzlich nicht definiert. Mit Blick auf die Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags 2021, das unerlaubte Glücksspiel zu unterbinden, dürften darunter alle Zahlungen fallen, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an unerlaubten Glücksspiel stehen.
Ferner gilt das Mitwirkungsverbot wohl unmittelbar für die Zahlungsdienstleister, wie sich aus den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag ergibt: Ein vorheriger Hinweis durch die Glücksspielaufsicht auf das Vorliegen von unerlaubtem Glücksspiel ist nicht vorausgesetzt. Gleichwohl ist zu beachten, dass diese Frage bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Glücksspielsstaatsvertrag 2021
Durch die Neuregulierung des Online-Glücksspiels ist es aufgrund der verschiedenen, nun erlaubnisfähigen Formen von Glücksspielangeboten für die Zahlungsdienstleister erheblich schwerer geworden, zwischen erlaubtem und unerlaubtem Glücksspiel zu differenzieren. Dies zeigt sich auch an der Erweiterung des Mitwirkungsverbots auf den in der Praxis nicht selten anzutreffenden Fall der Vermischung von Zahlungsströmen aus unerlaubtem Glücksspiel mit anderen Geschäften nach § 4 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021.
Ebenfalls wurden die Eingriffsbefugnisse der Behörden klargestellt, sodass nun ausdrücklich die Mitwirkung an Zahlungen ohne vorherige Inanspruchnahme des Veranstalters oder Vermittlers untersagt werden kann, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV („financial blocking“).
Kontrollpflichten der Zahlungsdienstleister
Die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Zahlungsdienstleisters ist für dessen zivilrechtliche Haftung relevant. Im konkreten Einzelfall können deshalb die Zahlungsdienstleister bestimmte Warn- und Prüfpflichten treffen, um so weit wie möglich und für sie zumutbar eine Mitwirkung an unerlaubtem Glücksspiel auszuschließen.
Die ehemals zuständige Glücksspielbehörde, das Niedersächsische Innenministerium, vertrat vor diesem Hintergrund bereits 2020 in einem Schreiben an die Deutsche Kreditwirtschaft die Auffassung, das Mitwirkungsverbot verpflichte Zahlungsdienstleister zu entsprechenden eigenverantwortlichen Maßnahmen, unabhängig von einer behördlichen Untersagungsverfügung. Betroffene seien deshalb im Rahmen ihrer Compliance verantwortlich, sicherzustellen, dass das von ihnen angebotene Zahlungsmittel nicht für illegales Glücksspiel zur Verfügung steht.
In Rechtsprechung und Schrifttum wird anhand unterschiedlichster Kriterien diskutiert, in welchen Konstellationen Prüf- und Warnpflichten im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel bestehen. Teilweise wird vertreten, dass dies nur bei offensichtlich illegalem Glücksspiel der Fall sei oder wenn dafür dem Zahlungsdienstleister zumindest massive Verdachtsmomente vorlägen. Bei welchen Fallgruppen solche massiven Verdachtsmomente bestehen können, ist ebenfalls Gegenstand der Diskussion. Jedenfalls dürften, wenn sich der Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot aufdrängt, Warn- und Prüfpflichten für den Zahlungsdienstleister anzunehmen sein.
Wie diese Pflichten umgesetzt und durchgesetzt werden können und welchen Inhalt und Umfang sie haben, lässt § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV 2021 offen. Maßgeblich ist deshalb stets der konkrete Einzelfall, sodass etwaige Pflichten durch den Grad der Zumutbarkeit für den Zahlungsdienstleister anhand der konkreten Umstände begrenzt werden. Es kommen für die Zahlungsdienstleister regelmäßig verschiedene Möglichkeiten in Betracht, bestehenden Prüfpflichten nachzukommen.
Ausblick
Zahlungsdienstleister sind gut beraten, sich mit dem Mitwirkungsverbot sowohl im Rahmen ihres Risk Assessments als auch bei der Implementierung von Compliance-Maßnahmen auseinanderzusetzen. Dies zeigt sich nicht nur am Aspekt der möglichen zivilrechtlichen Haftung: Ein Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot kann auch strafrechtliche Folgen nach §§ 284, 27 StGB und § 28a Abs. 2 GlüStV 2021 sowie gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GlüStV 2021 aufsichtsrechtliche Folgen in Form der Zahlungsuntersagung nach sich ziehen.
Ratsam ist es deshalb, gegebenenfalls gemeinsam mit kompetenten Beratern ein auf alle denkbaren Konstellationen abgestimmtes Kontroll- und Prüfsystem zu implementieren, welches das konkrete Produktportfolio des Zahlungsdienstleisters berücksichtigt.