[Köln, ] In den vergangenen Jahren ist die Nutzung von sozialen Netzwerken in Deutschland in rasanter Geschwindigkeit gewachsen und zu einem festen Bestandteil des Alltags einer breiten Masse geworden. Allein der Branchenführer Facebook verzeichnete im Januar 2014 hierzulande insgesamt 34 Millionen aktive User und setzt sich damit erheblich von den mit ihm konkurrierenden Plattformen Xing (5,5 Millionen) und Twitter (3,6 Millionen) ab. Entsprechend der gesteigerten Bedeutung geriet die Nutzung sozialer Netzwerke durch Arbeitnehmer in jüngster Vergangenheit auch zunehmend ins Fadenkreuz arbeitsgerichtlicher Entscheidungen. Die Rechtsprechung hatte sich insbesondere mehrfach mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und inwieweit Kündigungen wirksam sind, die Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Netzwerke durch ihre Arbeitnehmer ausgesprochen hatten. Unter Zugrundelegung der Beispielsfälle aus der Rechtsprechung soll im Folgenden ein Überblick über diejenigen Verhaltensweisen eines Arbeitnehmers gegeben werden, die den Arbeitgeber zum Ausspruch einer verhaltensbedingten (außerordentlichen oder ordentlichen) Kündigung veranlassen können.
Kündigung wegen der Nutzung sozialer Netzwerke während der Arbeitszeit
Unbestritten ist, dass der Arbeitgeber qua Direktionsrecht (etwa im Wege einer entsprechenden (Social-Media-)Richtlinie oder aber durch individualvertragliche Vereinbarung) die Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken untersagen kann. Dabei steht es dem Arbeitgeber frei, dieses Nutzungsverbot auf das private Surfen im Internet insgesamt oder aber gezielt lediglich auf die Nutzung sozialer Netzwerke zu erstrecken.
Hat der Arbeitgeber die Privatnutzung des Internets von seinen EDV-Systemen oder von seinen Mobiltelefonen aus explizit ausgeschlossen, so handelt der Arbeitnehmer, der während seiner Arbeitszeit soziale Netzwerke aufsucht, verbotswidrig. Indem er das Recht des Arbeitgebers missachtet, nach seinem Belieben den Umgang mit seinem Eigentum einseitig zu bestimmen, verletzt der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten und widersetzt sich zudem dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieser kann sich durch dieses Verhalten in der Regel zu einer Abmahnung oder zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung veranlasst sehen. Im Ausnahmefall kann sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, wobei es stets auf den Umfang der privaten Nutzung des Internets ankommen dürfte. Die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers wiegt umso schwerer, je mehr er bei der privaten Internetnutzung seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt (BAG, Urteil v. 7. Juli 2005 - 2 AZR 581/04, NZA 2006, 98).
Obgleich eine klare Regelung zur privaten Internetnutzung empfehlenswert ist, können das private Surfen im Allgemeinen und das Aufsuchen sozialer Netzwerke im Speziellen auch dann eine Kündigung rechtfertigen, wenn ein solches Nutzungsverbot nicht explizit festgelegt worden ist (BAG, Urteil v. 7. Juli 2005 - 2 AZR 581/04, NZA 2006, 98). Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, während er den ihm zur Verfügung gestellten Internetzugang zu privaten Zwecken nutzt, nicht seine arbeitsvertraglich geschuldete Pflicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung erfüllen kann. Außerdem löst das private Surfen unter Umständen zusätzliche Kosten bei dem Arbeitgeber aus. Daher ist die private Internetnutzung auch ohne Bestehen eines ausdrücklichen Verbots grundsätzlich geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung seitens des Arbeitgebers zu rechtfertigen. So hat etwa ein Landesarbeitsgericht jüngst entschieden, dass die ausschweifende private Internetnutzung – der betreffende Arbeitnehmer hatte über 17.000 Dateien auf seinen Arbeitsplatzrechner heruntergeladen – auch ohne vorherige Abmahnung trotz einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 21 Jahren zu einer wirksamen ordentlichen Kündigung führen kann (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 6. Mai 2014 – 1 Sa 421/13, NZA-RR 2014, 417). Entscheidend dürfte es auch hier auf den Umfang des Surfens zu privaten Zwecken ankommen. Kommt der Arbeitnehmer nur minutenweise seiner Arbeitspflicht nicht nach, wird der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen, bevor er zu dem „scharfen Schwert“ der Kündigung greifen darf. Bei einer exzessiven Nutzung sozialer Medien kann der Arbeitnehmer demgegenüber nicht annehmen, sein Verhalten werde von dem Arbeitgeber geduldet. Hier kann der Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung eine ordentliche, im Einzelfall gar eine außerordentliche Kündigung aussprechen. So wurde in einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts die „ausschweifende“ private Internetnutzung als grundsätzlich geeignet betrachtet, eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers zu rechtfertigen (BAG, Urteil v. 27. April 2006 – 2 AZR 386/05, NZA 2006, 977). Der betreffende Arbeitnehmer hatte über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten hinweg fast täglich das Internet in einem Umfang zwischen 15 Minuten und drei Stunden privat genutzt und dabei zudem regelmäßig verschiedene Internetseiten mit pornografischem Inhalt aufgerufen. In ca. zehn Wochen betrug die Arbeitszeit, die er mit privater Internetnutzung verbracht hatte, mehr als eine Woche.
Fazit
Nach der Rechtsprechung kommt eine Kündigung wegen privater Nutzung des Internets und damit auch sozialer Netzwerke dann in Betracht, wenn entweder der Arbeitnehmer entgegen einem ausdrücklichen Verbot oder einer einschlägigen Abmahnung das Internet für private Zwecke nutzt, oder wenn eine Nutzung in einem solchen Ausmaß erfolgt, dass der Arbeitnehmer nicht annehmen kann und darf, sie sei vom Einverständnis des Arbeitgebers gedeckt.
Kündigung wegen beleidigender Äußerungen in sozialen Netzwerken
Die sozialen Netzwerke erlauben es ihren Nutzern, jederzeit global präsent zu sein und innerhalb kürzester Zeit einen möglichst großen Personenkreis erreichen zu können. Gerade darin liegt jedoch zugleich die Gefahr begründet, dass sich Äußerungen, die ein Nutzer – womöglich nicht sorgfältig überdacht – in sozialen Netzwerken tätigt, unkontrolliert schnell und weit verbreiten können. Wenn ein Arbeitnehmer auf diese Weise Kritik an seinem Arbeitgeber oder an Arbeitskollegen kundtut, kann eine Rufschädigung durch Beleidigung wesentlich schneller und in weitaus größerem Umfang eintreten, als dies bei persönlicher Kommunikation oder über klassische Medien der Fall wäre. Hier stellt sich die Frage, inwieweit sich der Arbeitnehmer noch auf sein grundrechtlich geschütztes Recht zur freien Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann. Der Arbeitgeber steht indes vor der Entscheidung, ob er den betreffenden Mitarbeiter wirksam fristlos, zumindest aber ordentlich verhaltensbedingt kündigen kann oder ob er zunächst zum milderen Mittel der Abmahnung greifen muss.
In einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm wurde die außerordentliche Kündigung gegenüber einem Auszubildenden als wirksam eingestuft, der auf seinem Facebook-Profil unter der Rubrik Arbeitgeber „Menschenschänder und Ausbeuter“ eingetragen hatte (LAG Hamm, Urteil v. 10. Oktober 2012 – 3 Sa 644/12, BB 2012, 2688). Das Gericht stellte dabei maßgeblich darauf ab, dass es sich bei Facebook um eine öffentliche Plattform handele, so dass die Äußerungen des Auszubildenden einer Vielzahl von Personen zugänglich gewesen seien.
In einem anderen Verfahren wandte sich hingegen die schwangere Klägerin mit Erfolg gegen die Zulassung einer außerordentlichen Kündigung, die darauf beruhte, dass sie einen Kunden ihres Arbeitgebers, bei dem sie zeitweise im Empfangsbereich eingesetzt worden war, auf ihrem privaten Facebook-Account mit den Worten „kotzen die mich an“ und „diese Penner“ angegriffen hatte. Diese Äußerungen hielt das entscheidende Gericht für noch vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt, da die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik oder gar ehrverletzenden Beleidigung nicht überschritten worden sei (VGH München, Beschluss v. 29. Februar 2012 – 12 C 12.264, NZA-RR 2012, 302).
Ebenso erfolgreich war die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers vor dem Arbeitsgericht Duisburg, die sich gegen eine Kündigung wandte, die ausgesprochen worden war, nachdem der Arbeitnehmer auf seinem Facebook-Profil seine Arbeitskollegen mit Äußerungen wie „Speckrollen“, „hattet ihr schlechten Sex“ oder „hat jemand euch ins Gehirn geschissen“ angegriffen hatte (ArbG Duisburg, Urteil v. 26. September 2012 – 5 Ca 949/12, NZA-RR 2013, 18). Zwar könnten, so das Gericht, grobe ehrverletzende Beleidigungen unter Kollegen durch Einträge in sozialen Netzwerken auch dann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn der Eintrag nur für sogenannte Netzwerk-„Freunde“ und deren „Freunde“ sichtbar sei. Im vorliegenden Fall sei die ausgesprochene Kündigung jedoch unverhältnismäßig und daher unwirksam, da der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung hätte aussprechen müssen. Die beleidigenden Äußerungen des Arbeitnehmers seien nicht ohne Anlass, sondern als emotionale Reaktion auf ein Verhalten seiner Arbeitskollegen veröffentlicht worden.
In einer anderen Entscheidung wurde demgegenüber eine ordentliche Kündigung als wirksam erachtet, die sich auf Facebook-Beiträge eines Arbeitnehmers bezog, mit denen dieser seinen Vorgesetzten als „kleinen Scheißhaufen“, „Wichser“ und „faules Schwein“ bezeichnet hatte (ArbG Hagen, Urteil v. 16. Mai 2012 – 3 Ca 2597/11, ArbRB 2012, 293). Der Arbeitnehmer habe den Schutz der Privatsphäre und Meinungsfreiheit verloren, indem er die Äußerungen auf seine Facebook-Pinnwand gepostet und dadurch die Vertraulichkeit selbst aufgehoben habe.
Fazit
Arbeitnehmer können unternehmensöffentlich sachliche Kritik an ihrem Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei gegebenenfalls auch überspitzt und polemisch äußern. Bei groben, ehrverletzenden Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber oder Kollegen können sie sich jedoch nicht auf ihr Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Ein solches Verhalten ist grundsätzlich geeignet, auch ohne vorherige Abmahnung eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Im Falle von Beleidigungen, die öffentlich in einem sozialen Netzwerk getätigt werden, darf der Arbeitnehmer in der Regel nicht darauf vertrauen, dass diese Äußerungen nicht nach außen getragen und – nur beschränkt kontrollierbar – in hoher Geschwindigkeit weiterverbreitet werden. Außerdem sind solche Beleidigungen „verschriftlicht“, so dass sie weniger flüchtig als das gesprochene Wort und somit leichter nachweisbar sind. Diese Gesichtspunkte dürften in aller Regel zum Nachteil des Arbeitnehmers zu werten sein. Im Übrigen kommt es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an (Für wen war der Beitrag zugänglich? Wie groß ist der Netzwerk-Freundeskreis des Arbeitnehmers? Gehören auch Arbeitskollegen oder Kunden seines Arbeitgebers dazu?). Insgesamt zeigen die dargestellten Beispiele aus der Rechtsprechung, dass sich bislang noch kein roter Faden im Umgang mit diesen Kündigungssachverhalten gebildet hat, sondern es sich stets um jeweils besonders gelagerte Einzelfallentscheidungen gehandelt hat.
Kündigung wegen der Veröffentlichung von Fotos aus dem Arbeitsumfeld in sozialen Netzwerken
Obwohl die Mehrzahl der Nutzer sozialer Netzwerke durch umfangreiche Presseberichte im Hinblick auf Probleme mit Datenschutz und Datensicherheit sensibilisiert sein dürfte, teilt sie dennoch ihre alltäglichen Erlebnisse mit der Usergemeinde und veröffentlicht reihenweise bedenkenlos private Fotos auf ihrem jeweiligen Netzwerkprofil. Dabei scheinen sich diejenigen Nutzer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, nicht hinreichend des Umstandes bewusst zu sein, dass das ungenehmigte Veröffentlichen von Fotos, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsumfeld stehen, weitreichende rechtliche Konsequenzen haben kann. Veröffentlicht ein Arbeitnehmer auf seinem privaten Account innerhalb eines sozialen Netzwerks Fotos, kann dies zu einem Konflikt mit seinem bestehenden Arbeitsverhältnis und zu einer Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Treuepflichten führen. Stehen die hochgeladenen Fotos in einem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers oder mit dessen Arbeitsumfeld, weil auf ihnen etwa die Betriebsräumlichkeiten, Kollegen, der Arbeitgeber persönlich oder Personen abgebildet sind, die in einer Geschäftsbeziehung zu dem Arbeitgeber stehen, so kann das Verbreiten der Fotos in sozialen Netzwerken in verschiedener Hinsicht erhebliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer haben. Neben möglichen Schadensersatz-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen des Arbeitgebers beziehungsweise betroffener Dritter kann dieses Verhalten den Arbeitgeber insbesondere zum Ausspruch einer Abmahnung oder Kündigung berechtigen.
In diesem Zusammenhang hatte sich die Rechtsprechung zuletzt mit der Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung auseinanderzusetzen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11. April 2014 – 17 Sa 2200/13, ArbRAktuell 2014, 390). Die Klägerin, die als Krankenpflegerin bei der beklagten Krankenhausbetreiberin beschäftigt war, hatte auf ihrem privaten Facebook-Auftritt mehrere Fotos eines Säuglings zu dessen Lebzeiten veröffentlicht, der zuvor auf der Kinderintensivstation der Beklagten behandelt worden und im Anschluss verstorben war. Das zur Entscheidung berufene Landesarbeitsgericht hielt die daraufhin ausgesprochene Kündigung der Beklagten insgesamt für unwirksam. Durch die ungenehmigte Verbreitung von Patientenbildern habe die Klägerin zwar sowohl ihre arbeitsvertraglichen und gesetzlichen Schweigepflichten erheblich verletzt als auch in schwerwiegender Weise in die Persönlichkeitsrechte des Patienten eingegriffen. Dieses Verhalten sei auch „an sich“ ohne Weiteres geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls sei jedoch sowohl die ausgesprochene außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche verhaltensbedingte Kündigung unverhältnismäßig, da es der Beklagten zuzumuten gewesen wäre, auf die Pflichtverletzung der Klägerin lediglich mit einer Abmahnung zu reagieren. Zugunsten der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass diese bei der Veröffentlichung keine unlauteren Zwecke verfolgt, den Patienten nicht herabgewürdigt und die Fotos unmittelbar nach Vorhaltung durch die Beklagte von ihrem Facebook-Auftritt entfernt habe, so dass deren weitere Verbreitung wenig wahrscheinlich sei.
Fazit
Auch bei der Frage, mit welchen arbeitsrechtlichen Maßnahmen der Arbeitgeber auf das ungenehmigte Veröffentlichen von Fotos in sozialen Netzwerken durch seinen Arbeitnehmer reagieren kann, wird es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommen. Entscheidend ist zunächst, ob auf den Fotos auch Personen abgebildet sind, deren allgemeines Persönlichkeits- und deren Urheberrecht durch die Veröffentlichung beeinträchtigt werden. Ferner wird es darauf ankommen, ob und inwieweit diese verletzten Personen auf dem Foto (gegebenenfalls auch durch hinzugefügte Verlinkungen Kommentare) identifiziert werden können. Sodann stellt sich die Frage, ob ein objektiver Betrachter einen unmittelbaren oder zumindest mittelbaren Zusammenhang mit dem Unternehmen des Arbeitgebers herstellen kann. Zu Lasten des Arbeitnehmers wird sich stets auswirken, wenn das Foto ehrverletzenden, rufschädigenden Charakter hat oder eine sonstige verwerfliche subjektive Gesinnung zum Ausdruck bringt. Ebenso wird im Einzelfall danach zu fragen sein, ob der Arbeitnehmer durch die Veröffentlichung gegen besondere vertragliche oder gesetzliche Schweigepflichten verstoßen hat, was insbesondere in sensiblen Tätigkeitsfeldern naheliegt (z.B. Healthcare, Rechtsberatung, Bankwesen). Letztlich ist auch zu berücksichtigen, wie groß der Personenkreis ist, der auf das hochgeladene Foto Zugriff hat, und ob der Arbeitnehmer technische Vorrichtungen (v.a. in seinen Profileinstellungen) getroffen hat, um sicherzustellen, dass das Foto nicht über diesen Personenkreis hinaus für andere User sichtbar wird.
Kündigung wegen sonstigen Verhaltens in sozialen Netzwerken
Über die Fallgruppen beleidigender Äußerungen und der Veröffentlichung von Fotos aus dem Arbeitsumfeld hinaus ist eine Vielzahl weiterer Verhaltensweisen des Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken denkbar, die den Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung berechtigen kann.
So stellte etwa das Arbeitsgericht Hamburg fest, dass die Verherrlichung des Nationalsozialismus auf Facebook als Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Angestellten im Polizeidienst grundsätzlich geeignet sei (ArbG Hamburg, Urteil v. 18. September 2013 – 27 Ca 207/13, BeckRS 2013, 72370). Auch außerhalb ihrer Arbeitszeit seien Beschäftigte des öffentlichen Dienstes verpflichtet, sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal zu verhalten und auf dessen berechtigte Integritätsinteressen in zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Polizist ein Foto auf seine private Facebook-Seite hochgeladen, welches er in einem Postencontainer aufgenommen hatte und auf dem ein Totenkopf mit einer Polizeimütze vor einer jüdischen Schule abgebildet war. Generell dürften ebenso wie den Nationalsozialismus verherrlichende zum Beispiel auch rassistische, extremistische, religionsverachtende oder diskriminierende Einträge in sozialen Medien grundsätzlich geeignet sein, den Arbeitgeber – je nach Einzelfall – berechtigterweise zu einer Abmahnung oder (außerordentlichen bzw. ordentlichen) Kündigung zu veranlassen.
Auch kann die Veröffentlichung kompromittierender Privatfotos des Arbeitnehmers, die keinen Bezug zu seinem Arbeitsumfeld aufweisen, kündigungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Zwar werden solche Fotos, die keine unmittelbare Beziehung zum Unternehmen des Arbeitgebers aufweisen, in der Regel nicht dessen betrieblichen Interessen tangieren, so dass der Arbeitgeber ihre Veröffentlichung und Verbreitung zu dulden hat. Wenn der Arbeitnehmer jedoch etwa in seinem Netzwerk-Profil unter der Rubrik „Arbeitgeber“ das Unternehmen (ggf. mit entsprechendem Link) angegeben hat, er über eine herausgehobene Stellung innerhalb des Unternehmens verfügt oder eine Vielzahl von Netzwerk-Freundschaften mit Kunden bzw. Geschäftspartnern seines Arbeitgebers pflegt, kann die Interessenabwägung zum berechtigten Ausspruch einer Abmahnung oder Kündigung führen. Dies gilt auch dann, wenn die kompromittierenden Fotos aus einer Zeit stammen, in denen der Arbeitnehmer noch nicht bei dem Arbeitgeber beschäftigt war.
Letztlich kann das Verhalten des Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken in den Zeiten eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellen oder eine solche aufdecken, in denen der Arbeitnehmer (vermeintlich) arbeitsunfähig erkrankt ist. Nutzt der Arbeitnehmer zum Beispiel ein soziales Netzwerk, obwohl sich die dem Arbeitgeber mitgeteilte Krankheit damit nicht verträgt (z.B. starke Migräne), drängt sich der Verdacht des Vortäuschens der Arbeitsunfähigkeit auf. Dies gilt ebenso, wenn der Arbeitnehmer während seiner vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit Fotos hochlädt, die ihn bei Tätigkeiten zeigen, die mit dem angegebenen Krankheitsbild nicht vereinbar sind (z.B. Tragen schwerer Gegenstände trotz angeblichen Bandscheibenvorfalls). Diese Tatbestände dürften in der Regel geeignet sein, eine fristlose (Verdachts-) Kündigung des Arbeitgebers zu rechtfertigen.
Verwertung von Daten aus sozialen Netzwerken im Kündigungsschutzprozess
Kommt es nach Ausspruch einer Kündigung, die sich auf Äußerungen des Arbeitnehmers bzw. auf das Veröffentlichen von Fotos oder sonstigen Inhalten in sozialen Netzwerken bezieht, zu einem Kündigungsschutzverfahren, so trägt der Arbeitgeber stets die Darlegungs- und Beweislast für die arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers. Im Rahmen seiner Beweisführung im Prozess kann der Arbeitgeber insbesondere den folgenden beiden Problemen gegenüberstehen:
Zum einen bestehen besondere Beweisschwierigkeiten dann, wenn der Netzwerk-Account des Arbeitnehmers von mehreren Personen genutzt wird und der Arbeit-nehmer im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses behauptet, der betreffende Inhalt sei nicht von ihm selbst, sondern von einem Dritten eingestellt worden. Grundsätzlich dürfte jedoch ein dringender Verdacht dafür sprechen, dass der jeweilige Inhaber des Profils auch Urheber der veröffentlichten Inhalte ist. Daher dürfte die bloße pauschale Behauptung des Arbeitnehmers, der zugleich Profilinhaber ist, ein Dritter habe ebenfalls Zugriff auf seinen Netzwerk-Account, dem Ausspruch einer (Verdachts-) Kündigung im Regelfall nicht entgegenstehen. Um seine eigene Urheberschaft und Verantwortlichkeit zu widerlegen, dürfte der Arbeitnehmer vielmehr gehalten sein, detailliertere Angaben zu seiner fehlenden Täterschaft zu machen (z. B. eigene zeitliche Verhinderung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des betreffenden Inhalts). Zum anderen wird der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren seiner Darlegungs- und Beweislast im Regelfall nur dadurch gerecht werden können, dass er als Beweismittel Screenshots vorlegt, die die kündigungsrelevanten Inhalte auf dem Netzwerkprofil des Arbeitnehmers belegen. Allerdings können solche aus den sozialen Netzwerken gewonnen Erkenntnisse innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, so dass sie als Beweismittel ausscheiden. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber das jeweilige Beweismittel unter einer erheblichen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers erlangt hat. Ein bloßer Verstoß gegen das Datenschutzrecht, der nicht zugleich in schwerwiegender Weise in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreift, reicht demgegenüber für die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes nicht aus (BAG, Urteil v. 21. Juni 2012 – 2 AZR 153/11, NZA 2012, 1025). .
Diese hohen Hürden, die von der Rechtsprechung für die Bejahung eines Beweisverwertungsverbotes aufgestellt werden, dürften in den vorliegenden Konstellationen nur in Ausnahmefällen überwunden werden. Hat der Arbeitnehmer die betreffenden Inhalte öffentlich auf seinem Netzwerkprofil ohne Beschränkung auf seinen „Freundeskreis“ kundgetan, liegt keine „vertrauliche Kommunikation“ vor, so dass sich der Arbeitnehmer nicht auf die Verletzung seiner Privatsphäre und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen kann. Auch dürfte ein Beweisverwertungsverbot ausgeschlossen sein, wenn die seitens des Arbeitnehmers veröffentlichten Inhalte nur für seine „Netzwerkfreunde“ sichtbar waren, zu diesen jedoch auch der Arbeitgeber selbst, Kollegen des Arbeitnehmers oder sonstige Dritte gehören, die den Arbeitgeber anschließend über die veröffentlichten Inhalte informiert haben. Die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes innerhalb des Kündigungsschutzverfahrens kommt daher insbesondere nur dann in Betracht, wenn die hochgeladenen Inhalte ausschließlich für den „Freundeskreis“ des Arbeitnehmers bestimmt waren und sich der Arbeitgeber selbst oder durch Dritte heimlich mittels Vortäuschens einer falschen Identität Zugang hierzu verschafft hat (Bauer/Günther, NZA 2013, 67). In diesem Fall dürfte der vor diesem Hintergrund erstellte Screenshot nicht als Beweismittel im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens verwendet werden. Zu beachten ist jedoch, dass ein solches Beweisverwertungsverbot keine Fernwirkung entfaltet, so dass beispielsweise Zeugenaussagen derjenigen Personen, die sich den Zutritt verschafft und den fraglichen Screenshot erstellt haben, weiterhin zulässig bleiben. Insgesamt dürften daher in den vorliegenden Konstellationen Beweisverwertungsverbote nur eine geringfügige praktische Relevanz haben.